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Telemann und Bach auf Originalinstrumenten

Drei Solisten des Bremer Barockorchesters im Oytener Bürgersaal am 23. April 2023

Wer trotz des gleichzeitig stattfindenden Frühlingsfests am Nachmittag den Weg in den Oytener Bürgersaal fand, der durfte mitreißende barocke Kammermusik genießen, vorgetragen von drei Solisten des 2015 gegründeten Bremer Barockorchesters.

Der aus Santiago de Chile stammende Felipe Egaña (Traversflöte) hat während seines Studiums in den Niederlanden und in Bremen seinen Schwerpunkt auf die Interpretation alter Musik gelegt.

Nadine Remmert studierte Cembalo in Bremen bei Prof. Carsten Lohff und Ludger Rémy und konzertiert regelmäßig bundesweit mit verschiedenen Orchestern, Ensembles und als Solistin.

Aus Kolumbien stammt Néstor Fabian Cortés Garzón. Er studierte zunächst Violoncello in Bogotá, spezialisierte sich dann aber gänzlich auf die historische Aufführungspraxis und absolvierte ein Masterstudium in der Klasse der international bekannten Barockcellistin Viola de Hoog in Bremen. Garzón ist Mitgründer und musikalischer Leiter des Bremer Barockorchesters.

Das Programm, bestehend aus Werken von Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach, war sehr abwechslungsreich gestaltet. Die von Stück zu Stück wechselnde Besetzung und die Verwendung des fünfsaitigen Violoncello piccolo sowie des Cellos bei Kompositionen mit Basso Continuo entführten den Zuhörer in den Klangfarbenreichtum der barocken Welt.

Telemanns Triosonate h-moll aus den „Essercizi Musici“ eröffnete den Reigen. Von den zart hingetupften Motiven des Largos bis hin zu den rasanten Fugati des Vivace entstand hier ein spannender Dialog zwischen Traversflöte und Violoncello piccolo.

Telemanns zwölf Fantasien für Traversflöte solo sind einmalig im Barockrepertoire. Mit der aus vier kurzen ineinander übergehenden Sätzen bestehenden Fantasie Nr. 11 in G-dur – das Adagio besteht aus ganzen 5 Tönen – beeindruckte Felipe Egaña. Schloss man die Augen, so spielten an manchen Stellen zwei Flöten! So überragend war der Vortrag.

Dann die große Überraschung – ein nahtloser Übergang ohne Pause – Bachs Gambensonate in G-Dur – unvermitteltes Eintauchen in eine ganz andere Welt – Telemann als Einleitung – gewagt aber gelungen. Nach dem Schreck und nach kurzer Einhörzeit in Bachs Kosmos mit dem Duo Néstor Fabián Cortés Garzón und Nadine Remmert konnte man sich der fast zur Gänze kontrapunktisch komponierten dreistimmigen Sonate hingeben. Hierbei erwies sich das Violoncello piccolo als sehr gute Instrumentenwahl, da das Cembalo lautstärkemäßig mithalten konnte und somit die Durchhörbarkeit der Bachschen Mehrstimmigkeit gegeben war – ungewohnt aber faszinierend und meisterhaft musiziert.

Es folgte Telemanns ungewöhnliche fünfsätzige Sonate für Traversflöte und Basso Continuo C-dur aus „Sonate Methodiche“. Die drei Solisten präsentierten eine ungemeine Vielfältigkeit an Klangfarben.

Nadine Remmerts Interpretation von Bachs Französischer Suite Nr. 5 war außergewöhnlich. Herrliche, fast schon romantische Agogik in der Allemande, souveräne Geläufigkeit in der Courante und eine mit großen melodischen Bögen gestaltete Sarabande und dann die galant gespielte Gavotte und Bourrée. Nach der bewusst schwerfällig gestalteten Loure entfesselte Virtuosität in der abschließenden Gigue – einfach schön.

Telemanns kanonische Sonaten werden normalerweise auf zwei gleichen Instrumenten vorgetragen. Nicht so hier – die Ausführung mit zwei unterschiedlichen Instrumenten Traversflöte und Violoncello piccolo eröffnet neue Horizonte und Klangfarben.

Zum Abschluss erklang Bachs Sonate E-dur BWV 1035 für Traversflöte und Basso Continuo. Bach wollte mit dieser 1741 entstandenen Flötensonate am Hof Friedrichs II. überzeugen. In Oyten ist ihm das wahrlich dank der überragend agierenden Solisten des Bremer Barockorchesters gelungen – das Publikum entlohnte das Konzert nicht nur mit reichlichem Applaus, sondern mit einem besonders herzlichem „WOW“.

Christian Melz

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